"internasjonalismen" i EU

From: Karsten Johansen (kvjohans@online.no)
Date: Mon Oct 02 2000 - 20:52:56 MET DST

  • Next message: Karsten Johansen: "analyse av Frp."

    Følgende artikkel rommer en del interessant stoff for dem som måtte leve i
    den tro at EU består av "internasjonalister". Den gir en innføring i tysk
    nasjonalfølelse før og etter "die Wende" (i Norge omtalt som "Murens fall"
    eller "den tyske gjenforening").

    Og her er det ikke tale om høyreekstremister som dem norsk presse skriver
    om; nei her dreier det seg om f.eks. Helmuth Kohl eller den sittende tyske
    utenriksminister Fischer (som er en såkalt "grønn", antakeligvis fordi han
    konsekvent motarbeider sitt Grønne partis politikk og ikke minst
    miljøpolitikken deres, han er med andre ord en Solheimsk kameleon).
    Foratteren Ebermann er selv en tidligere framtredende grønn politiker.

    Til glede for de som ikke kan tysk oversetter jeg et par gullkorn:

    "Spiegels spesialhefte (om "Die Wende", min anm.) som bærer tittelen "Det
    tyske underet", er ikke mindre kritisk til (den vesttyske
    forbundsrepublikkens, min anm.) søvnighet og beskylder Helmuth Kohl for
    aldri å ha vært mer enn en "hr. Middelmann i en idyllisk republikk" en ekte
    kjedsommelighet, "tilforlatelig og ikke-truende (sic! min anm.) utad,
    behagelig og banal innad".

    Som sagt, slike anklager er urettmessige når man tar Kohls kamp for en
    "patriotisk verdiorientering", hans demonstrasjoner av "en ny ubundenhet" og
    hans geberder av (tysk) selvbevissthet i betraktning. Manifestert som dette
    f.eks. ble i Bitburg (hyllestseremoni til døde Waffen-SS soldater sammen med
    Reagan, min. anm.), i hans modige møte med Kurt Waldheim (tidl.
    generalsekretær i FN og gammel krigsforbryter, min anm.) eller hvis man
    husker hans bevingede ord om "den sene fødsels nåde", som forskrekkede
    Knesset-medlemmer forlangte forklaring på: "Det er som i ens egen familie;
    om man skulle være innforstått med hva ens forgjengere har gjort eller ikke,
    kan man ikke si seg fri fra dette. Man er bærer av familiens blod (!) (und
    Boden? min anm.?), dens arveanlegg.""

    Her talte virkelig en sann EU-sosialist og tilhenger av internasjonal
    forbrødring. Han noen reflektert over hvilke tanker som kan ligge bak slike
    personligheters varme støtte til Roma-traktatens ord om "en stadig snevrere
    sammenslutning" og senere Unionstraktaters utmøntning av dette? Fred og
    forsoning?

    "Dessuten hadde ingen kunnet forutse, at en tysk utenriksminister reiser til
    Ungarn, besøker sine (tyske, min anm.) forfedres landsby, graver etter sine
    røtter og adlet som "Wurdigess' (den ungarske landsbyens gamle tyske navn,
    min anm.) største sønn" reiser hjem igjen. Virkeligheten overtreffer
    sandelig fantasien".

    Her er det snakk om den "grønne" "internasjonalist" Fischer som nå har til
    huse i en gjenoppført tro kopi af Görings gamle Luftwaffe-ministerium i
    Berlin (i ekte Speer-stil, jeg har selv sett det). Har noen ideer om
    hvilke "internasjonalistiske" tanker som ligger bak slike arkitektoniske
    rekonstruksjoner?

    Karsten Johansen

    http://www.taz.de/tpl/2000/09/30.nf/text?Tname=a0080&list=TAZ_sw&Idx=6

    Thomas Ebermann, 1978 Mitgründer der Hamburger Bunten Liste und in den
    Achtzigerjahren einer der prominentesten Grünenpolitiker, bereist seit
    geraumer Zeit mit Rainer Trampert die Republik. Das Duo liest das - auch auf
    CD erhältliche - analytisch-sarkastische Programm "Verpasst Deutschland den
    Anschluss?"

    taz Nr. 6259 vom 30.9.2000, Seite 8, 13 Zeilen Portrait

    http://www.taz.de/tpl/2000/09/30.nf/text?Tname=a0078&list=TAZ_sw&Idx=5

    Rasender Volkswahn

    von THOMAS EBERMANN

    Dass "Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn" die meistgerufene Parole im Prozess der
    Wiedervereinigung war, hat gute Gründe. Tatsächlich wurden die Maßstäbe
    dafür verschoben, was man so äußern kann, ohne von seiner Umwelt den
    Ratschlag zur Einnahme eines fiebersenkenden Mittels zu erhalten.

    Ich meine nicht nur die berauschten Demonstranten unterm Brandenburger Tor
    oder in Leipzig, sondern auch jene, die den Ruf des ebenso besonnenen wie
    kritischen Intellektuellen genossen. Als typische Exemplare dürfen die
    Psychotherapeuten Maaz (Ost) und Möller (West) gelten, die aus ihrem
    Seelenleben keine Mördergrube zu machen glaubten, als sie einander
    beichteten: "Wie viele damals, habe auch ich während der Ereignisse im
    Herbst 1989 fassungslos und heulend vor dem Fernseher gesessen. Ich habe es
    kaum fassen können, wie physisch, wie physiologisch, wie körperlich dieses
    Erleben der Vereinigung bei mir" war, "und in mir ist auch wirklich etwas
    geheilt. Es muss etwas mit dem Gefühl zu tun haben, jetzt einer ganzen
    Nation anzugehören" (Möller). Der Gesprächspartner sucht und findet die
    Steigerung: "Die Bilder von damals lösen bei mir noch heute Tränen und
    Schluchzen aus. Tief im Innersten muss mich diese Grenze verletzt haben."
    (Psychologie heute, August 1991).

    Dass der Mensch leidet, bewusst oder unbewusst, wenn das, was er für "ein
    Volk" hält, auf zwei, drei oder vier Staaten verteilt lebt, dass ein solcher
    Zustand seiner Natur widerstrebt, also nur vorübergehend ertragbar ist,
    hatte schon Willy Brandt in die biologistische Formel vom Zusammenwachsen
    des Zusammengehörigen gekleidet.

    Im Umkehrschluss gilt als ähnliches Unglück, als vergleichbare Verletzung
    anthropologischer Konstanten, wenn zwei, drei oder vier "Völker" in einem
    Staat untergebracht sind. Als "Beweis" dieser wahnhaften, von allen
    materiellen Lebensbedingungen und individuellen Rechten abstrahierenden
    Ideen galt die deutsche Wiedervereinigung, aber auch der Zerfall der
    Sowjetunion, die Teilung der Tschechoslowakei und die Betrachtung
    Jugoslawiens als Völkergefängnis, als "künstliches Produkt" ohne "nationale
    oder nationalstaatliche Homogenität" (Unionspolitiker Rupert Scholz).

    So konnte sich Deutschland als Propagandist und Beschützer des völkischen
    Prinzips, welches an der Wiege fast aller neu gebildeten Staaten stand,
    einen Namen machen - und gleichzeitig das Ideal der Homogenität der
    nationalen "Schicksalsgemeinschaft" aufprägen. Wie erheblich dieses
    Konstrukt den latenten Rassismus scharf machen, entfesseln musste, war zur
    Zeit der Wiedervereinigung keine theoretische Ableitung mehr, sondern
    eskalierende empirische Wirklichkeit, die zielstrebig auf die Abschaffung
    des Asylrechts, auf die Drangsalierung, Verletzung und Ermordung ausländisch
    Aussehender zusteuerte.

    Wer die deutsche Vereinigung positiv bilanziert, zeigt nur seine
    Gleichgültigkeit denen gegenüber, deren begründete Angst sie das Wagnis
    jeden Spaziergangs abzuwägen zwingt, was laut Spiegel einen "Schatten auf
    die Lust an der Normalität wirft", weshalb die Lust erst gänzlich ungetrübt
    wäre, wenn sich Minister Günther Becksteins Forderung erfüllte: "Auch der
    Ausländer, der vielleicht morgen abgeschoben wird, soll sich heute noch auf
    unseren Straßen sicher fühlen."

    Ob dieses zynische Ideal aller Freunde von Zivilgesellschaft und Rechtsstaat
    sich verwirklichen lassen wird, kann bezweifelt werden, denn eine Portion
    Selbsttätigkeit wird sich kaum vermeiden lassen, solange Befund und Urteil
    ausfallen, wie in der jüngsten Shell-Jugendstudie: "Die große Mehrheit der
    deutschen Jugend teilt die Ansicht, dass zu viele Ausländer bei uns leben.
    Diese Einschätzung hat nicht von vornherein etwas mit Ausländerfeindlichkeit
    zu tun." Was womit nichts zu tun hat, darüber herrscht in Deutschland eine
    gewaltige Bescheidwisserei.

    Das ist auch der Grund, warum zehn Jahre alte Studien, die den
    Rechtsradikalismus von Republikanern und DVU nachweisen sollten, unbrauchbar
    wurden, bilden die damaligen Zitate doch heute das gängige Vokabular von
    Schily bis Schröder.

    Die meistbenutzten Vokabeln zur apologetischen Kennzeichnung der Berliner
    Republik sind Selbstbewusstsein und Normalität, also die Überwindung des
    Anormalen und der Selbstverleugnung. Auf die Zeit der begrenzten nationalen
    Souveränität fällt so fast automatisch ein leicht spöttischer Blick, eine
    bisweilen ungerechte Verachtung derer, die das Kostüm des westlichen
    Musterschülers trugen, weil das die Voraussetzung der heute erreichten
    Resultate war.

    Im taz-Sonderheft "Deutsche Einheit" las sich das vor rund zehn Jahren so:
    Erst wenn die "rückwärtsgewandten Beschwörungsformeln, die deutsche
    Geschichte einschließlich Auschwitz zum Fetisch einfrieren, abgelöst
    werden", könnten "die Chancen des Augenblicks wahrgenommen werden", die der
    "Abschied vom faden (!) kleinen Staat Bundesrepublik" böte. Das Sonderheft
    des Spiegel, welches "Das deutsche Wunder" betitelt ist, ist der Fadheit
    nicht minder überdrüssig und beschuldigt Helmut Kohl, nie mehr als der
    "Biedermann in einer idyllischen Republik" gewesen zu sein, ein echter
    Langweiler "verlässlich und unbedrohlich nach außen, behaglich und banal
    nach innen".

    Wie gesagt, solche Anwürfe sind ungerecht, wenn man an Kohls Kampf für
    "patriotische Wertorientierung", seine Demonstration "einer neuen
    Unbefangenheit", seine Gesten des Selbstbewusstseins, manifestiert in
    Bitburg, sein gewagtes Treffen mit Kurt Waldheim oder ein geflügeltes Wort
    von der "Gnade der späten Geburt" denkt, das ihm den erschrockenen
    Knesset-Abgeordneten zu erläutern gebot: "Es ist wie in der eigenen Familie;
    ob man mit all dem einverstanden ist, was die, die vor einem waren, getan
    haben oder nicht, man kann sich nicht lossagen. Man trägt das Blut (!) der
    Familie, die Erbanlage in sich."

    Wer all das fad, banal, idyllisch und unbedrohlich fand, verriet in seiner
    Ungerechtigkeit allerdings einiges über die Erwartungen, die an wirkliche
    Normalität und echtes Selbstbewusstein geknüpft waren. Eben das, was die
    Welt, die auf diesem Gebiet eigentlich nicht als zimperlich gelten muss, den
    "burschikosen Hauruckstil, der sich seit der Machtübernahme Gerhard
    Schröders in deutschen Stellungnahmen gegenüber dem Ausland eingeschlichen
    hat", nannte.

    Natürlich findet die von der schleimigen Umsicht eines Weizsäcker so
    gequälte deutsche Seele Trost im derben Wort, wie der emphatische Beifall
    der Elite aus Anlass der Walser-Rede beweist. Man macht sich Luft, die
    insgeheim schon lange verfluchte Rücksichtnahme auf Leute wie Ignatz Bubis
    hat ein Ende.

    Aber immer nur Worte? Immer nur der Rausch der Lektüre der germanophilen
    Vorkämpfer Ernst Jünger, Antje Vollmer, Botho Strauß; stets nur der
    orkanartige Applaus am Ende des Parsifal in Bayreuth, aus Anlass der Rettung
    des heiligen Erbguts der Herrenrasse? - Zu wenig!

    Den wirklichen Beweis, dass die eingeschränkte der vollen Souveränität
    gewichen ist, erbringt nun einmal der Krieg. Er macht Deutschland erwachsen.
    Alles Gerede rund ums Jahr 1990, dass ein mächtiges vereintes Deutschland
    doch zur Abwechslung mal den Wohlstand und den Frieden in der Welt mehren
    könnte, dass man deshalb die Einheit nicht ablehnen, sondern gestalten
    müsse, wäre grausam blamiert. Wäre! Wenn die Verkünder dieser Botschaften
    sie ernst genommen, also nicht nur als Argument des Mitmachens, des
    Nichtzuspätkommens, um der Bestrafung durch das Leben zu entgehen, benutzt
    hätten.

    Von der versprochenen "Friedensdividende" spricht heute niemand mehr. Wie um
    Lichtjahre entfernt klingt heute Kohls erste Regierungserklärung, in der
    jeder militärische Einsatz außerhalb des Nato-Gebiets ebenso prinzipiell wie
    für alle Zeit ausgeschlossen wurde. Absolut nicht diskussionsfähig ist, wer
    glaubt, sich auf ein Argument Volker Rühes stützen zu können, das, fünf
    Jahre alt, ungefähr so unzeitgemäß ist wie die Kritik der Markwirtschaft
    durch Marx: "Wo die deutsche Wehrmacht gewütet hat, darf kein deutscher
    Soldat mehr seine Stiefel hinsetzen."

    Man könnte einiges Material zusammentragen zum Beweis, die sich
    oppositionell gebende kritische Intelligenz habe manchmal den zwar raschen,
    aber geordneten Weg in die deutsche Kriegsfähigkeit (wie Rühe ihn
    verkörperte) ungeduldig beschleunigen wollen. Die Deutschen, schrieb 1991
    Detlef Claussen in der Zeitschrift Links mit Blick auf das ihm mangelhaft
    scheinende Engagement gegen den Irak, kämen "gar nicht umhin, auch
    militärisch die ihrer ökonomischen und politischen Bedeutung entsprechenden
    Beiträge zu leisten. Das gerade erfordert die Lehre aus der deutschen
    Vergangenheit." Das Argument machte Karriere, als es um die Bombardierung
    der Serben ging.

    Die deutsche Kriegsfähigkeit (nur begrenzt durch die faktische militärische
    Schlagkraft, aber daran wird im europäischen Maßstab gearbeitet) hat als
    logisches Resultat der Wiedervereinigung nebenbei den Vorteil, dass sich in
    ihrer Bejahung die oft aufgeblasenen Differenzen zwischen den
    Zivilgesellschaftsfreunden und den Germanophilen ziemlich verflüchtigen. Es
    führen eben verschiedene Weg sowohl nach Rom als auch nach Belgrad.

    P. S. Die rund 20.000 Marginalisierten, die am 12. Mai 1990 in Frankfurt
    unter der Parole "Nie wieder Deutschland" demonstrierten", hatten (nicht im
    Detail, aber im Vergleich zu allen anderen Positionen) zutreffend
    prognostiziert. Dass man davon nichts hat, gebe ich freimütig zu.

    Außerdem hat keiner von uns gewusst, dass ein deutscher Außenminister nach
    Ungarn reisen, das Dorf seiner Vorfahren besuchen, nach seinen Wurzeln
    graben und geadelt als "größter Sohn von Wurdigess" heimkehren würde. - Die
    Realität übertrifft halt die Fantasie.

    taz Nr. 6259 vom 30.9.2000, Seite 8, 319 Zeilen TAZ-Bericht THOMAS EBERMANN



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