Følgende artikkel rommer en del interessant stoff for dem som måtte leve i
den tro at EU består av "internasjonalister". Den gir en innføring i tysk
nasjonalfølelse før og etter "die Wende" (i Norge omtalt som "Murens fall"
eller "den tyske gjenforening").
Og her er det ikke tale om høyreekstremister som dem norsk presse skriver
om; nei her dreier det seg om f.eks. Helmuth Kohl eller den sittende tyske
utenriksminister Fischer (som er en såkalt "grønn", antakeligvis fordi han
konsekvent motarbeider sitt Grønne partis politikk og ikke minst
miljøpolitikken deres, han er med andre ord en Solheimsk kameleon).
Foratteren Ebermann er selv en tidligere framtredende grønn politiker.
Til glede for de som ikke kan tysk oversetter jeg et par gullkorn:
"Spiegels spesialhefte (om "Die Wende", min anm.) som bærer tittelen "Det
tyske underet", er ikke mindre kritisk til (den vesttyske
forbundsrepublikkens, min anm.) søvnighet og beskylder Helmuth Kohl for
aldri å ha vært mer enn en "hr. Middelmann i en idyllisk republikk" en ekte
kjedsommelighet, "tilforlatelig og ikke-truende (sic! min anm.) utad,
behagelig og banal innad".
Som sagt, slike anklager er urettmessige når man tar Kohls kamp for en
"patriotisk verdiorientering", hans demonstrasjoner av "en ny ubundenhet" og
hans geberder av (tysk) selvbevissthet i betraktning. Manifestert som dette
f.eks. ble i Bitburg (hyllestseremoni til døde Waffen-SS soldater sammen med
Reagan, min. anm.), i hans modige møte med Kurt Waldheim (tidl.
generalsekretær i FN og gammel krigsforbryter, min anm.) eller hvis man
husker hans bevingede ord om "den sene fødsels nåde", som forskrekkede
Knesset-medlemmer forlangte forklaring på: "Det er som i ens egen familie;
om man skulle være innforstått med hva ens forgjengere har gjort eller ikke,
kan man ikke si seg fri fra dette. Man er bærer av familiens blod (!) (und
Boden? min anm.?), dens arveanlegg.""
Her talte virkelig en sann EU-sosialist og tilhenger av internasjonal
forbrødring. Han noen reflektert over hvilke tanker som kan ligge bak slike
personligheters varme støtte til Roma-traktatens ord om "en stadig snevrere
sammenslutning" og senere Unionstraktaters utmøntning av dette? Fred og
forsoning?
"Dessuten hadde ingen kunnet forutse, at en tysk utenriksminister reiser til
Ungarn, besøker sine (tyske, min anm.) forfedres landsby, graver etter sine
røtter og adlet som "Wurdigess' (den ungarske landsbyens gamle tyske navn,
min anm.) største sønn" reiser hjem igjen. Virkeligheten overtreffer
sandelig fantasien".
Her er det snakk om den "grønne" "internasjonalist" Fischer som nå har til
huse i en gjenoppført tro kopi af Görings gamle Luftwaffe-ministerium i
Berlin (i ekte Speer-stil, jeg har selv sett det). Har noen ideer om
hvilke "internasjonalistiske" tanker som ligger bak slike arkitektoniske
rekonstruksjoner?
Karsten Johansen
http://www.taz.de/tpl/2000/09/30.nf/text?Tname=a0080&list=TAZ_sw&Idx=6
Thomas Ebermann, 1978 Mitgründer der Hamburger Bunten Liste und in den
Achtzigerjahren einer der prominentesten Grünenpolitiker, bereist seit
geraumer Zeit mit Rainer Trampert die Republik. Das Duo liest das - auch auf
CD erhältliche - analytisch-sarkastische Programm "Verpasst Deutschland den
Anschluss?"
taz Nr. 6259 vom 30.9.2000, Seite 8, 13 Zeilen Portrait
http://www.taz.de/tpl/2000/09/30.nf/text?Tname=a0078&list=TAZ_sw&Idx=5
Rasender Volkswahn
von THOMAS EBERMANN
Dass "Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn" die meistgerufene Parole im Prozess der
Wiedervereinigung war, hat gute Gründe. Tatsächlich wurden die Maßstäbe
dafür verschoben, was man so äußern kann, ohne von seiner Umwelt den
Ratschlag zur Einnahme eines fiebersenkenden Mittels zu erhalten.
Ich meine nicht nur die berauschten Demonstranten unterm Brandenburger Tor
oder in Leipzig, sondern auch jene, die den Ruf des ebenso besonnenen wie
kritischen Intellektuellen genossen. Als typische Exemplare dürfen die
Psychotherapeuten Maaz (Ost) und Möller (West) gelten, die aus ihrem
Seelenleben keine Mördergrube zu machen glaubten, als sie einander
beichteten: "Wie viele damals, habe auch ich während der Ereignisse im
Herbst 1989 fassungslos und heulend vor dem Fernseher gesessen. Ich habe es
kaum fassen können, wie physisch, wie physiologisch, wie körperlich dieses
Erleben der Vereinigung bei mir" war, "und in mir ist auch wirklich etwas
geheilt. Es muss etwas mit dem Gefühl zu tun haben, jetzt einer ganzen
Nation anzugehören" (Möller). Der Gesprächspartner sucht und findet die
Steigerung: "Die Bilder von damals lösen bei mir noch heute Tränen und
Schluchzen aus. Tief im Innersten muss mich diese Grenze verletzt haben."
(Psychologie heute, August 1991).
Dass der Mensch leidet, bewusst oder unbewusst, wenn das, was er für "ein
Volk" hält, auf zwei, drei oder vier Staaten verteilt lebt, dass ein solcher
Zustand seiner Natur widerstrebt, also nur vorübergehend ertragbar ist,
hatte schon Willy Brandt in die biologistische Formel vom Zusammenwachsen
des Zusammengehörigen gekleidet.
Im Umkehrschluss gilt als ähnliches Unglück, als vergleichbare Verletzung
anthropologischer Konstanten, wenn zwei, drei oder vier "Völker" in einem
Staat untergebracht sind. Als "Beweis" dieser wahnhaften, von allen
materiellen Lebensbedingungen und individuellen Rechten abstrahierenden
Ideen galt die deutsche Wiedervereinigung, aber auch der Zerfall der
Sowjetunion, die Teilung der Tschechoslowakei und die Betrachtung
Jugoslawiens als Völkergefängnis, als "künstliches Produkt" ohne "nationale
oder nationalstaatliche Homogenität" (Unionspolitiker Rupert Scholz).
So konnte sich Deutschland als Propagandist und Beschützer des völkischen
Prinzips, welches an der Wiege fast aller neu gebildeten Staaten stand,
einen Namen machen - und gleichzeitig das Ideal der Homogenität der
nationalen "Schicksalsgemeinschaft" aufprägen. Wie erheblich dieses
Konstrukt den latenten Rassismus scharf machen, entfesseln musste, war zur
Zeit der Wiedervereinigung keine theoretische Ableitung mehr, sondern
eskalierende empirische Wirklichkeit, die zielstrebig auf die Abschaffung
des Asylrechts, auf die Drangsalierung, Verletzung und Ermordung ausländisch
Aussehender zusteuerte.
Wer die deutsche Vereinigung positiv bilanziert, zeigt nur seine
Gleichgültigkeit denen gegenüber, deren begründete Angst sie das Wagnis
jeden Spaziergangs abzuwägen zwingt, was laut Spiegel einen "Schatten auf
die Lust an der Normalität wirft", weshalb die Lust erst gänzlich ungetrübt
wäre, wenn sich Minister Günther Becksteins Forderung erfüllte: "Auch der
Ausländer, der vielleicht morgen abgeschoben wird, soll sich heute noch auf
unseren Straßen sicher fühlen."
Ob dieses zynische Ideal aller Freunde von Zivilgesellschaft und Rechtsstaat
sich verwirklichen lassen wird, kann bezweifelt werden, denn eine Portion
Selbsttätigkeit wird sich kaum vermeiden lassen, solange Befund und Urteil
ausfallen, wie in der jüngsten Shell-Jugendstudie: "Die große Mehrheit der
deutschen Jugend teilt die Ansicht, dass zu viele Ausländer bei uns leben.
Diese Einschätzung hat nicht von vornherein etwas mit Ausländerfeindlichkeit
zu tun." Was womit nichts zu tun hat, darüber herrscht in Deutschland eine
gewaltige Bescheidwisserei.
Das ist auch der Grund, warum zehn Jahre alte Studien, die den
Rechtsradikalismus von Republikanern und DVU nachweisen sollten, unbrauchbar
wurden, bilden die damaligen Zitate doch heute das gängige Vokabular von
Schily bis Schröder.
Die meistbenutzten Vokabeln zur apologetischen Kennzeichnung der Berliner
Republik sind Selbstbewusstsein und Normalität, also die Überwindung des
Anormalen und der Selbstverleugnung. Auf die Zeit der begrenzten nationalen
Souveränität fällt so fast automatisch ein leicht spöttischer Blick, eine
bisweilen ungerechte Verachtung derer, die das Kostüm des westlichen
Musterschülers trugen, weil das die Voraussetzung der heute erreichten
Resultate war.
Im taz-Sonderheft "Deutsche Einheit" las sich das vor rund zehn Jahren so:
Erst wenn die "rückwärtsgewandten Beschwörungsformeln, die deutsche
Geschichte einschließlich Auschwitz zum Fetisch einfrieren, abgelöst
werden", könnten "die Chancen des Augenblicks wahrgenommen werden", die der
"Abschied vom faden (!) kleinen Staat Bundesrepublik" böte. Das Sonderheft
des Spiegel, welches "Das deutsche Wunder" betitelt ist, ist der Fadheit
nicht minder überdrüssig und beschuldigt Helmut Kohl, nie mehr als der
"Biedermann in einer idyllischen Republik" gewesen zu sein, ein echter
Langweiler "verlässlich und unbedrohlich nach außen, behaglich und banal
nach innen".
Wie gesagt, solche Anwürfe sind ungerecht, wenn man an Kohls Kampf für
"patriotische Wertorientierung", seine Demonstration "einer neuen
Unbefangenheit", seine Gesten des Selbstbewusstseins, manifestiert in
Bitburg, sein gewagtes Treffen mit Kurt Waldheim oder ein geflügeltes Wort
von der "Gnade der späten Geburt" denkt, das ihm den erschrockenen
Knesset-Abgeordneten zu erläutern gebot: "Es ist wie in der eigenen Familie;
ob man mit all dem einverstanden ist, was die, die vor einem waren, getan
haben oder nicht, man kann sich nicht lossagen. Man trägt das Blut (!) der
Familie, die Erbanlage in sich."
Wer all das fad, banal, idyllisch und unbedrohlich fand, verriet in seiner
Ungerechtigkeit allerdings einiges über die Erwartungen, die an wirkliche
Normalität und echtes Selbstbewusstein geknüpft waren. Eben das, was die
Welt, die auf diesem Gebiet eigentlich nicht als zimperlich gelten muss, den
"burschikosen Hauruckstil, der sich seit der Machtübernahme Gerhard
Schröders in deutschen Stellungnahmen gegenüber dem Ausland eingeschlichen
hat", nannte.
Natürlich findet die von der schleimigen Umsicht eines Weizsäcker so
gequälte deutsche Seele Trost im derben Wort, wie der emphatische Beifall
der Elite aus Anlass der Walser-Rede beweist. Man macht sich Luft, die
insgeheim schon lange verfluchte Rücksichtnahme auf Leute wie Ignatz Bubis
hat ein Ende.
Aber immer nur Worte? Immer nur der Rausch der Lektüre der germanophilen
Vorkämpfer Ernst Jünger, Antje Vollmer, Botho Strauß; stets nur der
orkanartige Applaus am Ende des Parsifal in Bayreuth, aus Anlass der Rettung
des heiligen Erbguts der Herrenrasse? - Zu wenig!
Den wirklichen Beweis, dass die eingeschränkte der vollen Souveränität
gewichen ist, erbringt nun einmal der Krieg. Er macht Deutschland erwachsen.
Alles Gerede rund ums Jahr 1990, dass ein mächtiges vereintes Deutschland
doch zur Abwechslung mal den Wohlstand und den Frieden in der Welt mehren
könnte, dass man deshalb die Einheit nicht ablehnen, sondern gestalten
müsse, wäre grausam blamiert. Wäre! Wenn die Verkünder dieser Botschaften
sie ernst genommen, also nicht nur als Argument des Mitmachens, des
Nichtzuspätkommens, um der Bestrafung durch das Leben zu entgehen, benutzt
hätten.
Von der versprochenen "Friedensdividende" spricht heute niemand mehr. Wie um
Lichtjahre entfernt klingt heute Kohls erste Regierungserklärung, in der
jeder militärische Einsatz außerhalb des Nato-Gebiets ebenso prinzipiell wie
für alle Zeit ausgeschlossen wurde. Absolut nicht diskussionsfähig ist, wer
glaubt, sich auf ein Argument Volker Rühes stützen zu können, das, fünf
Jahre alt, ungefähr so unzeitgemäß ist wie die Kritik der Markwirtschaft
durch Marx: "Wo die deutsche Wehrmacht gewütet hat, darf kein deutscher
Soldat mehr seine Stiefel hinsetzen."
Man könnte einiges Material zusammentragen zum Beweis, die sich
oppositionell gebende kritische Intelligenz habe manchmal den zwar raschen,
aber geordneten Weg in die deutsche Kriegsfähigkeit (wie Rühe ihn
verkörperte) ungeduldig beschleunigen wollen. Die Deutschen, schrieb 1991
Detlef Claussen in der Zeitschrift Links mit Blick auf das ihm mangelhaft
scheinende Engagement gegen den Irak, kämen "gar nicht umhin, auch
militärisch die ihrer ökonomischen und politischen Bedeutung entsprechenden
Beiträge zu leisten. Das gerade erfordert die Lehre aus der deutschen
Vergangenheit." Das Argument machte Karriere, als es um die Bombardierung
der Serben ging.
Die deutsche Kriegsfähigkeit (nur begrenzt durch die faktische militärische
Schlagkraft, aber daran wird im europäischen Maßstab gearbeitet) hat als
logisches Resultat der Wiedervereinigung nebenbei den Vorteil, dass sich in
ihrer Bejahung die oft aufgeblasenen Differenzen zwischen den
Zivilgesellschaftsfreunden und den Germanophilen ziemlich verflüchtigen. Es
führen eben verschiedene Weg sowohl nach Rom als auch nach Belgrad.
P. S. Die rund 20.000 Marginalisierten, die am 12. Mai 1990 in Frankfurt
unter der Parole "Nie wieder Deutschland" demonstrierten", hatten (nicht im
Detail, aber im Vergleich zu allen anderen Positionen) zutreffend
prognostiziert. Dass man davon nichts hat, gebe ich freimütig zu.
Außerdem hat keiner von uns gewusst, dass ein deutscher Außenminister nach
Ungarn reisen, das Dorf seiner Vorfahren besuchen, nach seinen Wurzeln
graben und geadelt als "größter Sohn von Wurdigess" heimkehren würde. - Die
Realität übertrifft halt die Fantasie.
taz Nr. 6259 vom 30.9.2000, Seite 8, 319 Zeilen TAZ-Bericht THOMAS EBERMANN
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