"stolt_over_å_være_tysk"

From: Karsten Johansen (kvjohans@online.no)
Date: Mon Mar 26 2001 - 18:13:17 MET DST

  • Next message: Knut Rognes: "Albanian fighters evade Nato patrols"

    Det er, hvilket er helt unevnelig om EU-landet Tyskland her i
    pressa, igjen gangbart der å "være stolt over å være tysk". Det er bare
    blant de små skandinaviske folkene og i Østerrike at "nasjonalisme" er
    skadelig, synes pussig nok å være EU-etablissementets mening. Også
    neofascistenes snarlige regjeringsadkomst ledet av den heller ikke voldsomt
    demokratiske og ukorrupte Berlusconi i Italia er det taust om. Kohls
    korrupsjon og våpenbestikkelser er forlengst feiet under teppet.

    Tradisjonen for at de små forbryterne tas, mens de store får løpe, holdes i
    hevd. Den symbolske "antifascismen" er like viktig som den reelle er en
    vits. "Antifascismen" i EU er ganske enkelt i det skjulte en brekkstang for å
    innlemme de små nasjoner i de store. Den "europeiske" nasjonalsjåvinismen
    vokser parallelt med at den nasjonale selvstyretanken for små folk avskaffes.
    Det er liksom noe kjent over dette. Hvilken rolle spiller de tyske troppene
    i Kosovo i den nåværende krigen? Storalbanske fanatikere gleder seg høylytt
    over at de går uhindret gjennom tyske linjer. Sant? Finner gamle allierte
    igjen sammen?

    Imperialisme er imperialisme.

    Karsten Johansen

    http://www.taz.de/pt/2001/03/26/a0180.nf/text

    Stolz sein, stolz sein über alles

    Gibt es die "Deutschen"? Tatsächlich wissen wir doch: Völker sind keine
    echten Gemeinschaften. Und dass sie stets totalitären Regimes dienen, ist
    auch kein Zufall

    Wirklich beunruhigend an der Debatte über den Nationalstolz der Deutschen
    ist, dass sie überhaupt geführt wird. Der Sache nach findet sie nicht dort
    statt, wo sie hingehört: in die Auseinandersetzungen über den Stiftungsfonds
    der deutschen Wirtschaft und das schäbige Verhalten von Parlament, Regierung
    sowie Kanzler gegenüber hoch betagten, schwer kranken Verfolgungsopfern. Der
    Streit um den Nationalstolz findet statt, weil in zwei Bundesländern
    Wahlkampf geführt wurde und CDU/CSU dem einfallslosen Pragmatismus der
    Bundesregierung nichts entgegenzusetzen haben. Daher verbinden sie weiche
    Themen wie "Leitkultur", "1968" und "Patriotismus" mit einer Charakterfrage,
    um überhaupt gehört zu werden. Das ist schade, denn das Thema wirft durchaus
    klärenswerte sozialphilosophische Fragen auf - zumal im Zeitalter der
    Globalisierung, des schleichenden Bedeutungsverlusts der Nationalstaaten und
    der europäischen Einigung.

    "Stolz" gilt in der Theorie moralischer Gefühle - also jener spontanen
    Regungen, mit denen wir auf Situationen reagieren, in denen unsere
    Vorstellungen von dem, was gut, gerecht und angemessen ist, berührt werden -
    in etwa als das Gegenteil von "Scham". "Scham" zeigt das von anderen mit
    Verachtung beobachtete Überschreiten bisher geschützter körperlicher,
    psychischer, sozialer und moralischer Grenzen an, gleichgültig, ob wir diese
    Grenzen überschritten haben oder ob unsere eigenen Grenzen von anderen
    verletzt wurden. Auch und gerade Opfer unterliegen oft genug der Scham. Als
    Gegenteil der Scham zeigt nun der Stolz das sich und anderen gegenüber
    demonstrierte Wohlgefühl über eigenes Sein oder Handeln an.

    Wo in der Scham die Verletzung von Grenzen schmerzlich registriert wird,
    wird beim Stolz das Bestehen von Grenzen gefeiert. Das erregt unsere
    Aufmerksamkeit meist dann, wenn das, was durch diese Grenzen markiert oder
    geschützt wird, in unseren Augen einen besonderen Wert hat: unser
    körperliches Wohlbefinden, unsere persönliche Selbstachtung oder jene
    sozialen Zusammenhänge, in denen wir uns wohlfühlen und geachtet sehen: vom
    Kegelverein über eine Liebesbeziehung bis womöglich zu der Familie, in der
    wir groß geworden sind.

    Grenzen entstehen, bestehen, werden errichtet oder verletzt. Mit unseren
    leiblichen Grenzen werden wir geboren, unsere psychischen müssen wir unter
    Schmerzen im Prozess der Sozialisation erfahren, während wir die Grenzen
    unserer sozialen Zusammenhänge meist vorfinden, aber in begrenzten Maßen
    auch selbst gestalten und verändern können - jedenfalls leichter als die
    unseres Leibes oder unserer Psyche. Wer also kundgibt, dass ihm das, was
    hinter jenen Grenzen, die in Zeit und Raum, in Geschichte und Geografie die
    "Deutschen" umschließt, wertvoll ist, muss nicht unbedingt selbst am
    Errichten dieser Grenzen beteiligt gewesen sein.

    Gewiss stellt "stolz" immer auch eine Art Leistungsprädikat in dem Sinne
    dar, dass man sich durch dieses oder jenes Handeln näher bestimmt oder eben
    von anderen abgegrenzt hat. Das heißt aber nicht, dass man grundsätzlich
    nicht auch auf das stolz sein könnte, was man einfach - in irgendeiner
    Hinsicht - ist oder vorgefunden hat. Eltern können auf die schulischen
    Leistungen ihrer Sprösslinge auch dann zu Recht stolz sein, wenn sie nichts
    zu diesen Leistungen beigetragen haben. So wie wir uns für uns nahe Menschen
    über Identifikation schämen können, können wir auch mit ihnen stolz sein.
    Nur: ob dies Gefühl jeweils angemessen ist oder nicht, lässt sich durchaus
    diskutieren und wird umso diskussionwürdiger, je zweifelhafter der durch die
    symbolischen oder physischen Grenzen geschützte Bereich ist.

    Wir hätten also sowohl Laurenz Meyer, der dies alles ganz anders als die
    Skinheads meint, als auch diese selbst zu fragen, wer oder was überhaupt die
    "Deutschen" sind und was an ihnen so besonders wertvoll erscheint. Die hier
    gern gegebene Antwort, dass es ganz normal sei, auf seine Nationalität stolz
    zu sein, gilt ab jetzt übrigens nicht mehr, da wir uns ja in einer
    systematischen oder eben philosophischen Klärung befinden, in der alles zu
    begründen ist. In solchen Diskursen versteht sich noch nicht einmal
    Normalität von selbst. Schon eine mögliche Antwort auf die Frage, die nach
    den Deutschen, stößt auf große Schwierigkeiten: Geht es nur um jenen Teil
    der Bevölkerung der Bundesrepublik, der einen deutschen Pass hat, oder um
    all jene deutschsprachigen oder deutschstämmigen Menschen, die irgendwo -
    von Brasilien bis Kasachstan - leben und keine Schweizer oder
    österreichische Staatsangehörigkeit haben?

    Waren Kaiser Friedrich Barbarossa oder der Alte Fritz von Sanssouci, der nur
    Französisch sprach, "Deutsche"? Wann überhaupt, so hat der Historiker
    Johannes Fried gefragt, traten die "Deutschen" in die Geschichte ein? Zur
    Zeit der römischen Antike als Germanen im Bärenfell oder erst nach Gutenberg
    und der Lutherbibel, in mehr als hundert Staaten lebend? Sogar wenn wir
    wüssten, worin die historische Identität der Deutschen besteht, müssten wir
    fragen, um wessen Identität es sich hier handelt. Mit Sicherheit nicht um
    die einer wirklichen Gemeinschaft.

    Gemeinschaften, in denen wir uns geachtet sehen und wohlfühlen, haben es an
    sich, dass die Menschen dort von Angesicht zu Angesicht verkehren und
    einander kennen. Begriffe wie Volks-, Klassen- oder Rassengemeinschaft sind
    also widersinnig. Und es ist auch kein Zufall, dass sie stets totalitären
    Regimes dienen. Geht es also um die oszillierenden Grenzen eines Rechts-,
    eines Wirtschafts- oder Sprachraums mit seiner Geschichte? Vielleicht.
    Spätestens jetzt wäre aber die Frage zu beantworten, was einem an dieser
    verwirrenden Vielfalt von Bismarcks Krieg gegen Frankreich über die
    Dichtungen Goethes, die Lyrik von Brecht, VW, NS-Vernichtungslager, die FDJ,
    das Bruttosozialprodukt, das Grundgesetz bis zur Bodenseeinsel Mainau so
    wertvoll ist, dass man ernstlich die Behauptung vertreten kann: All dies
    trägt ungeteilt zu meiner Selbstachtung bei und erhält, ja erhöht mein
    Wohlbefinden!

    Man muss also Laurenz Meyer keineswegs unterstellen, ein Skinhead zu sein,
    um zu erkennen, dass sein Ausbruch von Stolz nichts weiter als eine
    unüberlegte oder nur zu gut überlegte façon de parler war, die ernstlich
    nicht zu halten ist. Umgekehrt lässt sich der Schluss kaum vermeiden, dass
    all jene, die, ohne dies ausweisen zu können, vorgeben, stolz auf ihre
    Deutschheit zu sein, töricht daherplappern oder -fühlen. Nun mögen gewiefte
    Politiker wie Wolfgang Schäuble einwenden, dass derlei Erwägungen weltfremd
    seien, da die Wähler an den Stammtischen sehr wohl national empfänden und
    alles darauf ankäme, sie nicht den Rechtsextremisten in die Arme zu treiben.
    Dem hat die CDU in Rheinland-Pfalz mit ihrer Unterschriftenliste unter den
    wehenden Bannern der NPD entsprochen. Seien wir also stolz auf eine Partei,
    die den Rechtsextremismus unter dem Vorwand, ihn zu isolieren, eingemeindet
    hat.

    MICHA BRUMLIK

    taz Nr. 6406 vom 26.3.2001, Seite 11, 241 Kommentar, MICHA BRUMLIK,
    taz-Debatte



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