barn som Gandhis læremestre i ikke-vold?

From: Karsten Johansen (kavejo@ifrance.com)
Date: 02-07-02


I en verden behersket av volds- og andre varianter av psykopater utstyrt
med dagens allmektighet og dødsarsenal finnes ikke andre mulige utveier
enn ikke-vold. Som også palestina-konflikten viser.

Karsten Johansen

Fra taz:

bernhard pötter über Kinder

Besiegt von den Lehren Gandhis

Erfolgreichen gewaltfreien Widerstand hat Mahatma Gandhi nicht erfunden,
sondern seinen Kindern abgeschaut
Abendessen bei Familie Gandhi, Neu-Delhi, Independence Square 3-5, 18.17
Uhr.

Harilal: "Papa, im Reis sind so eklige schwarze Dinger. Ich ess das
nicht."

Manilal: "Papa, Ramdas hat in meinen Tee gespuckt."

Ramdas: "Stimmt ja gar nicht. Und nur, weil Manilal seine Popel auf
meinen Teller geschmiert hat."

Devdas: "Hhhhhhh, chchch." Er hat sich an einer Fischgräte verschluckt,
läuft blau an und rutscht röchelnd unter den Tisch.

Und mitten zwischen seinen vier Söhnen sitzt Mohandas Karamchand Gandhi,
gütig lächelnd, mit ruhiger Stimme das Chaos schlichtend. Kein böses
Wort, kein Geschrei, keine Wutausbrüche.

So stelle ich mir den Alltag im Hause Gandhi vor. Allerdings schreiben
seine Biografen, der große Philosoph und Politiker sei sanft zum Rest
der Welt, aber harsch und fordernd zu seiner Familie gewesen. Ein immer
liebevoller Vater war er offenbar nicht. Aber wer ist das schon. Meine
gebellten Befehle im Kinderzimmer will ich auch nicht im Whos who
nachlesen müssen.

Dabei hatte Gandhi allen Grund, seinen Kindern dankbar zu sein.
Schließlich haben sie ihn erst auf die Ideen gebracht, mit denen er
bekannt und erfolgreich wurde und die Welt der Politik verändert hat.
Keineswegs war Mahatma Gandhi ja der Softie und Fakir, der sich mit
einem "Ey, Leute, Peace und so" auf die Meditationsmatte zurückzog. Ganz
im Gegenteil ist seine Strategie der gewaltfreien Konfliktregelung eine
Theorie des politischen Machtkampfes. Wichtigstes Mittel:
Nichtzusammenarbeit mit den Machthabern ("non-cooperation") und ziviler
Ungehorsam ("civil disobedience"). Die Macht der Regierenden, so Gandhi,
beruht letztlich auf der Mitarbeit der Beherrschten.

Kinder begreifen das sehr schnell. Die non-cooperation bei meinem Sohn
beginnt mit einem simulierten Hörfehler: "Jonas!", "Jooonas, Hallooo!",
"Joooonaaaas!!!" Schweigen im Walde, keine Reaktion im Kinderzimmer.
Dann wird ignoriert (" hab ich nicht gehört "), widersprochen (" mach
ich nicht "), verzögert (" muss erst noch "), abgelenkt (" wollen wir
nicht lieber "), sodass ein Arbeitsamt dagegen eine gut geölte
Effizienzmaschine ist.

Nächste Stufe ist die freundliche, aber offene Rebellion: Mit neun
Monaten befindet sich unsere Tochter ohnehin im Stadium des fröhlichen
Anarchismus. Und Jonas praktiziert den zivilen Ungehorsam wie ein alter
Politstratege: Geht der morgendliche Weg zur Kita rechtsrum, läuft er
links Richtung Spielplatz. Wenn er einen Apfel essen soll, holt er sich
die Schokolade. Und wenn man los muss, liegt er auf dem Boden und rührt
sich nicht. Seit Jonas laufen kann und manchmal nicht laufen will,
verstehe ich die verkniffenen Gesichter bei den Polizisten, die die
Sitzblockaden vor Mutlangen oder Gorleben auflösen. Zivilem Ungehorsam
zivil zu begegnen, lässt mir manchmal vor unterdrückter Wut die Hände
zittern.

Eine dritte Stufe des Protests hat das Genie Gandhi übrigens übersehen,
vielleicht weil er zu streng zu seinen Kindern oder zu selten zu Hause
war: Die Zermürbung des Gegners durch anhaltenden Akustikterror. Am
effektivsten so zwischen zwei und fünf Uhr morgens.

Und da sich Geschichte wiederholt, verhalten wir uns wie die Engländer
als Besatzungsmacht in Indien. Paternalistisch ignorieren wir den
Protest und belächeln ihn als niedlichen Ausdruck von Hilflosigkeit.
Dann verstärken wir die Repression und überziehen das Kinderzimmer mit
selektivem Terror ("Aufräumen, sonst keine Gutenachtgeschichte!").
Schließlich geben wir klein bei. Die gewaltfreie Erziehung der Eltern
funktioniert.

"Keine Sorge", sagt meine Frau. "Wir zahlen es ihnen heim. Wenn wir erst
mal alt sind, gehen wir ihnen noch schlimmer auf den Wecker. Wir hören
nichts mehr, wir machen, was wir wollen, wir nörgeln an allem rum und
machen ihnen ein schlechtes Gewissen." Und außerdem, sagt Anna, geht es
ja noch weiter: Wenn unsere Kinder erst mal selber Kinder haben sollten,
nehmen wir sie von zwei Generationen aus in die Zange. Dann zerren
Kinder und Großeltern an ihren Nerven.

Wenn ich daran denke, überkommt mich Mitleid mit meinen Kindern. Und
schon bin ich da, wo Mahatma Gandhi mich haben wollte: Eigenes Leiden
bringt die Herrschenden zum Mitleiden und untergräbt ihren Widerstand.
"Also gut, Jonas, von mir aus kannst du im strömenden Regen die Sandalen
anziehen."

Fragen zu Kindern?
kolumne@taz.de
taz Nr. 6789 vom 2.7.2002, Seite 11, 167 Zeilen (Kommentar), Bernhard
Pötter,

 
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