Konkursene fortsetter i IT-bransjen. Illusjonene som mediene har spredt er
de nå tause om. Bondefangerne holder kjeft. Omfordelingen av rikdommen
og miljødeleggelsene går videre, mens underholderne finner seg nye
likegyldige eller forløyede temaer.
Karsten Johansen
http://www.taz.de/tpl/2000/10/19.nf/text?Tname=a0121&list=TAZ_me&idx=2
BÖRSEN, KURSABSTÜRZE UND DIE ERNÜCHTERTE MITTELSCHICHT
Geld schwätzt, Reichtum flüstert
Pech gehabt. "Meine ganzen Gewinne der letzten zwei Jahre sind futsch",
seufzt ein Chatter auf www.wallstreet-online.de, wo sich die Börsenzocker
regelmäßig über Erfolge und Misserfolge austauschen. Mit den Kursabstürzen
am Aktienmarkt kommt bei den Anlegern Katerstimmung auf. Plötzlich wirkt die
Börse unsexy. Vor allem aber wird klar: Der Glaube an den schnellen Reichtum
war kein Zeichen von Informiertheit und Klugheit, sondern von Dummheit. Und
das kränkt.
Noch im Frühjahr dieses Jahres boomten Wirtschaftsmagazine, Fernsehsendungen
mit Aktientipps verzeichneten hohe Einschaltquoten. Der Anteil der Aktionäre
und Fondsbesitzer an der Bevölkerung verdoppelte sich von 8,9 Prozent im
Jahr 1997 auf 17,7 Prozent im ersten Halbjahr 2000. Doch die Euphorie hatte
streckenweise den Charakter einer Heizdeckenfahrt. Bald kursierten
Geschichten über Börsenberater, die sich erst mal mit Aktien versorgten,
bevor sie dieselben in ihren Beratungssendungen anpriesen und so die Kurse
nach oben trieben. So genannte Gewinnwarnungen, also Ankündigungen von
Unternehmen über einen bescheidenen Geschäftsverlauf, drückten ebenso wie
der hohe Ölpreis die Kurse nach unten. Inzwischen dämmert vielen, dass der
Aktienmarkt eine paradoxe Angelegenheit ist: In dem Moment, in dem die
meisten aufgesprungen sind und die Ersten schon wieder verkaufen, machen
sich die Kurse auf dem Weg nach unten.
Money talks, wealth whispers: Der Spruch, mit dem sich die angelsächsische
Oberschicht dereinst gegenüber den Emporkömmlingen abgrenzen wollte, passte
auch auf die Partystimmung, die in den vergangenen Monaten an den deutschen
Börsen in der Bundesrepublik herrschte. Die verflogene Börseneuphorie kann
so auch als Chiffre für postindustrielle Aufstiegshoffnungen einer breiten
Mittelschicht gelesen werden.
Die Berichte über hohe Kursgewinne erzeugten für eine Mehrheit noch einmal
die Illusion einer geradezu spielerisch sozial-mobilen Gesellschaft. In der
Wirklichkeit hingegen hat die soziale Mobilität der Mehrheit längst nicht
mehr die breite, verlässliche Dynamik wie in den Sechziger- und
Siebzigerjahren, als die Facharbeiter in Großunternehmen mit stetigen
Lohnzuwächsen und dem eigenen Häuschen rechnen konnten. Die Mittelschicht,
die sich Telekom-Aktien und andere Wertpapiere gekauft hat, ist
börsenernüchtert. Die Reichen bleiben selbstverständlich reich. Und wer gar
nicht mitspekulieren konnte, darf ein bisschen schadenfroh sein. Geld ist
eben doch unsexy. Und das wiederum ist nur gerecht. BARBARA DRIBBUSCH
taz Nr. 6274 vom 19.10.2000, Seite 11, 56 Zeilen Kommentar BARBARA DRIBBUSCH
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