"islamsk opplysning" i Berlin

From: Karsten Johansen (kvjohans@online.no)
Date: Mon Feb 21 2000 - 18:39:24 MET


Til supplement: artikkel fra dagens "taz" om den islamske føderasjons
aktiviteter i Berlin.

http://www.taz.de/tpl/2000/02/21.nf/text?Tname=a0087&list=TAZ_txt&idx=67

Karsten Johansen

Lügen im Namen Gottes

Die Berliner Islamische Föderation e. V. will Islamunterricht an Schulen
erteilen. In ihrem Buhlen um gesellschaftliche Akzeptanz verleugnet sie ihre
Abhängigkeit von Milli Görüs Von Eberhard Seidel

Die Islamische Föderation als Trägerin von Islamunterricht an Berliner
Schulen? Das wäre, als unterrichtete das Bildungswerk der rechtsextremen
"Republikaner" politische Bildung an öffentlichen Schulen. Mit der
Islamischen Föderation würde eine neue polarisierende Tonlage an den
Berliner Schulen einkehren, die nicht der Integration dient, sondern der
weiteren Abschottung eines Teils der Muslime. "Wir leben in einer
Gesellschaft, die unsere heiligen Werte verbrennen will." Das meinte kein
Geringerer als der Präsident der Islamischen Föderation Nail Dural am 4.
Dezember 1999 im Türkischen Fernsehen in Deutschland (TFD). Als Gegenmittel
empfahl Dural, mehr islamisch befreite Zonen in der ungläubigen Barbarei zu
errichten. "Diejenigen, die Moscheen bauen, gehen ins Paradies ein. In den
Bezirken, in denen keine Moscheen gebaut werden, sagen ihre Eltern, dass
ihre Kinder verloren sind." Wer über die Islamische Föderation spricht, darf
von der einflussreichen islamistischen Organisation Islamische Gemeinschaft
- Milli Görüs e. V. (IGMG) nicht schweigen.

Ein Netzwerk von Tarnorganisationen

Die Organisation, die nach Angaben ihres Vorsitzenden Mehmet Sabri Erbakan
europaweit 160.000 Mitglieder hat, betreibt systematisch die Islamisierung
des Lebens in Westeuropa - mit Hilfe eines weit verzweigten Netzes von Tarn-
und Tochterorganisationen wie der Islamische Föderation. Ob es um die
Befreiung von Mädchen vom Sport- oder Sexualkundeunterricht geht, um das
Recht auf Tragen des Kopftuches im Unterricht, am Arbeitsplatz - die IMGM
ist es, die in der Regel hinter den Musterprozessen steht.

Milli Görüs ist eine politische Organisation und ein Wirtschaftsunternehmen
mit religiösem Anstrich. Bei der 1976 gegründeten Milli Görüs handelt sich
um die Auslandsorganisation des ehemaligen türkischen Ministerpräsidenten
und Islamistenführers Necmettin Erbakan, der in der Türkei die Errichtung
einer islamischen Staats- und Gesellschaftsordnung anstrebt. Der Name Milli
Görüs (Nationale Sicht) geht auf das gleichnamige programmatische Buch von
Necmettin Erbakan zurück, das er 1973 in Istanbul veröffentlichte . Ihre
Anerkennung als Religionsgemeinschaft erreichte die Islamische Föderation
vor dem Berliner Oberverwaltungsgericht auch deshalb, weil sie die
Öffentlichkeit über ihre personelle und institutionelle Verflechtung mit
Milli Görüs täuschen konnte. Tatsächlich ist sie seit ihrer Gründung im
Januar 1980 aufs engste mit Milli Görüs verbandelt.

Beispielsweise Nail Dural, der Alleinvertretungsberechtigte der Islamischen
Föderation: Seit 1980 bis heute ist er deren Präsident und Imam. Bereits
1979 war er Vorstandsmitglied von Milli Görüs Berlin. Im Oktober 1995 war er
nach der taz vorliegenden, vereinsinternen Listen ihr stellvertretender
Vorsitzender mit der Mitgliedsnummer 4.904. Nail Dural ist für alle
Milli-Görüs-Abteilungen in Berlin, insbesondere für die Islamische
Föderation, zuständig. Nail Dural ist kein Einzelfall. Yakup Tasci
(Mitgliedsnummer 2.940), der bereits 1976 Mitglied des Gründungsvorstand von
Milli Görüs Berlin war, ist zum einen der Ansprechpartner für die islamische
Grundschule, deren Trägerverein, das Islamkolleg e. V., wiederum Mitglied
der Islamischen Föderation ist. Gleichzeitig organisiert Tasci für Milli
Görüs die Pilgerfahrten nach Mekka.

Aykut Haldun Algan mit der Mitgliedsnummer 6.580 ist eine weitere
schillernde Figur im Milli-Görüs-Gestrüpp. Er war im Laufe der Jahre
Vorsitzender von Milli Görüs Berlin, stellvertretender Geschäftsführer und
Finanzverwalter der Islamischen Föderation und Chefredakteur des von Milli
Görüs betriebenen Fernsehsenders Türkisches Fernsehen in Deutschland (TFD).
Sein Bruder, Ahmet Algan, wiederum ist Gründungsmitglied der Islamischen
Föderation zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Diese und weitere Mitglieder
des Algan-Clans sind führende Aktivisten im Islamischen Frauenverein
Cemiyet-i Nisa, der Islamischen Religionsgemeinschaft e. V., dessen Vorstand
von Milli-Görüs-Mitgliedern dominiert wird, und in der Islamischen Stiftung.

Alle praktisch unter einem Dach versammelt

All diese Vereine, einschließlich der Islamischen Grundschule und dem
Deutsch-Türkischen Fernsehen, betonen ebenso wie die Islamische Föderation
ihre Unabhängigkeit von Milli Görüs. Alle haben sie ihren Sitz in der
Boppstraße 4 in Berlin-Kreuzberg, einem Komplex mit drei Gebäuden. Nach
außen fungiert die so genannte Islam Vakfi (Islamische Stiftung) als Träger
des Anwesens. Gründungsmitglied der 1983 ins Leben gerufenen Islam Vakfi:
unter anderem Nail Dural. Von 1984 bis 1995 ist der Vorstand der Islamischen
Föderation identisch mit dem Vorstand der Islam Vakfi. Das Anwesen
Boppstraße 4 wurde von Ali Yüksel, dem ehemaligen Vorsitzenden der IGMG
Deutschland, im Januar 1996 im TFD als Haus der IGMG Berlin bezeichnet. Zu
Recht.

Tatsächlich heißt es in einem 1986 abgeschlossenen 9-Punkte-Vertrag zwischen
Osman Karakoyun (Gründungsmitglied der Islam Vakfi), dem die Boppstraße 4
"anvertraut" wurde, und Milli Görüs, dass die Verwaltung des Gebäudes ganz
und gar der Berliner Milli Görüs unterliegt. Der Vertrag ist in mehrfacher
Hinsicht brisant. Belegt er doch, was von Milli Görüs immer wieder geleugnet
wird: ihre direkte Abhängigkeit von Necmettin Erbakan. So heißt es in Punkt
6 des Vertrages: "Die Berliner Milli Görüs ist von der Nationalen
Heilspartei, MSP (Anmerk.: das war die Partei Necmettin Erbakans, die nach
dem Militärputsch 1980 verboten wurde), berufen und vertritt die AMGT
(Anmerk.: dies war die Vorläuferorganisation der IGMG) in Berlin. Auch wenn
sich der Name der Institution oder die leitenden Personen ändern sollten, so
haben sich die Nachfolger an denselben Zielen zu orientieren, gilt dieselbe
Hierarchie. Das hierarchische Prinzip ist das des Emirats." In Punkt 8 heißt
es: "Bei Streitigkeiten mit der Berliner Milli Görüs hat die AMTG die
Richterfunktion, bei Streitigkeiten mit der AMTG die MSP (Anmerk.: also
Necmettin Erbakan) die Richterfunktion."

Dieses sowohl von der Islamischen Föderation als auch von Milli Görüs
inszenierte personelle und organisatorische Verwirrspiel könnten wir
weiterführen. Es soll an dieser Stelle genug sein für die Beweisführung: Die
Islamische Föderation ist keine unabhängige Organisation, sondern ein
Satellit, dessen Umlaufbahn und Kurs von Milli Görüs bestimmt wird. Was ist
der Sinn dieses Versteckspiels?

Neben der Öffentlichkeit soll der Verfassungsschutz getäuscht werden. Die
Islamische Föderation wurde bis 1991 vom Berliner Verfassungsschutz
beobachtet, Milli Görüs wird dies auch heute noch von einigen Landesämtern.
Verfassungsfeindlichkeit - dieses Kainsmal würde die Anstrengungen um
gesellschaftliche Anerkennung der islamistischen Organisationen empfindlich
stören. Und damit die Bemühungen der Islamischen Föderation, mittels des
Religionsunterrichts ihren Beitrag zur Islamisierung der bundesdeutsche
Gesellschaft zu leisten.

Vor Fallen der fremden Kultur schützen

Milli-Görüs-Funktionäre sind zumindest der deutschsprachigen Öffentlichkeit
gegenüber keine Radikalfundamentalisten. Ihnen gehe es darum, den türkischen
Muslimen eine "islamische Identität" zu ermöglichen. "In einem Umfeld mit
anderen Religionen und anderer Kultur müssen wir die muslimischen Kinder
schützen. Um sie vor den Fallen der fremden Kultur und des unmoralischen
Lebenswandes zu schützen, müssen wir noch mehr Opfer bringen", so der
IGMG-Vorsitzende anlässlich eines Besuches in einer Schulungseinrichtung in
Belgien. Das bedeutet natürlich vor allem Abschottung von der
Mehrheitsgesellschaft.

Islamische Identität, Schutz der muslimischen Kinder, Fallen der fremden
Kultur - hinter dieser Rhetorik steht ein Anfang der Neunzigerjahre
erfolgter Paradigmenwechsel in der Politik islamistischer Gruppen. Auf
diesen hat Gilles Kepel, Professor am Institut für politische Bildung in
Paris, bereits 1996 hingewiesen. Bis Ende der Achtzigerjahre betrachteten
islamistische Gruppen Westeuropa nicht als Gebiet des Islam (Dar al-islam).
Westeuropa gehörte, im Gesamtbereich der Gottlosen (Dar al-kufr), zu einem
Gebiet vertraglichen Friedens (Dar al-ahd), wo die Muslime es nicht zu einem
offenen Konflikt mit der gottlosen Umgebung kommen ließen. "Konkret
bedeutete dies, dass Europa heiliges Gebiet war, ein Zufluchtsort für alle
in ihren Ursprungsländern verfolgten Bewegungen. Die Gruppen vermieden daher
jeden Konflikt", so Kepel.

Der Wechsel im Selbstverständnis hat stattgefunden. Europa wird nun als Dar
al-islam betrachtet. Das heißt, Muslime sind hier zu Hause und müssen nach
Regeln der Scharia leben können. Da dies für die Minderheit nur bedingt
möglich ist, sind zumindest islamisierte Räume zu schaffen, in denen eine
vom Islam bestimmte moralische Ordnung gilt. Das kann eine Schulklasse sein,
ein Straßenzug oder ein Stadtviertel. Nur so könne der soziale Frieden
gewahrt und könnten Drogensucht und Kriminalität bekämpft werden.

Auch der Vorsitzende von Milli Görüs, Mehmet Sabri Erbakan, bläst in dieses
Horn, wenn er meint: "Ohne Milli Görüs wäre es in Stadtteilen wie
Berlin-Kreuzberg und Köln-Nippes viel unruhiger." Für Gilles Kepel wird mit
dieser Logik ein Prozess kultureller Abspaltung zu Ende geführt und eine
soziale Organisation begünstigt, in der sich geschlossene Gemeinschaften
gegenüberstehen. Wie weit diese Entwicklung von Parallelgesellschaften
bereits fortgeschritten ist, lässt sich im Umfeld der Boppstraße in
Berlin-Kreuzberg studieren. Dort häufen sich Klagen von Anwohnern, die von
extremen Muslimen ob ihrer "freizügigen" Kleidung angemacht oder manchmal
sogar bespuckt werden.

taz Nr. 6073 vom 21.2.2000 Seite 18 314 Zeilen TAZ-Bericht Eberhard Seidel



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